St. Johanniskirche in Ohrenbach


Aus alter Zeit

Erbaut – irgendwann im 12. Jahrhundert, geweiht – Johannes dem Täufer, so steht die Ohrenbacher Kirche heute noch am selben Platz wie vor rund 900 Jahren. Etwas größer ist sie im Laufe der Jahrhunderte geworden und den Kirchturm, den die damaligen Erbauer am Westgiebel des Langhauses errichtet hatten, den haben die Ohrenbacher um das Jahr 1600 herum abgetragen und am Ostgiebel durch einen neuen gotischen Turm ersetzt.

 

Drei Glocken sind es, die von ihrem erhöhten Platz aus den Ohrenbachern sagen, welche Stunde es geschlagen hat oder sie zum Gottesdienst rufen. Die große Glocke aus dem Jahr 1950 trägt zum Gedenken an die Gefallenen des letzten großen Krieges die Inschrift: „Ich bin die Auferstehung und das Leben“, während auf der gleichzeitig gegossenen mittleren Glocke zu lesen ist: „Meine Schafe hören meine Stimme“. Diese beiden ersetzen jene Glocken, die im Januar 1942 abgenommen und für „kriegswichtige Zwecke“ eingeschmolzen wurden. Der kleinsten Glocke blieb dieses Schicksal erspart und sie ist heute somit die älteste der drei Glocken. Sie wurde 1777 gegossen und trägt die Inschrift: „Gestiftet von Pfarrer Johann Albrecht Schmetzer“.

 

Bis zum Jahr 1449 gehörte Ohrenbach zur Pfarrei Langensteinach, seither ist die Gemeinde eigenständig. 1544 schließt sich Rothenburg ob der Tauber der Reformation an. Für die bis dahin katholischen Gemeinden im Hoheitsgebiet der freien Reichsstadt bedeutet dies, dass auch in ihren Kirchen nun die lutherische Lehre verkündet wird. Auf die Reformation und die Bauernkriege folgt die Schreckenszeit des dreißigjährigen Krieges (1618-1648), die auch an

Ohrenbach nicht spurlos vorübergeht. So berichtet die Chronik 1635 von schweren Feuersbrünsten durch Kroaten, im Jahr 1644 ist gar zu lesen: „ die Gemeinde ist zerstreut und ohne Hirten“. All das und noch einiges mehr hat die Sankt Johanniskirche in Ohrenbach mehr oder weniger unbeschadet überstanden.

 

Begleiten Sie mich nun auf einen kurzen Rundgang durch das Kirchenschiff. So wie wir die Kirche heute sehen, präsentiert sie sich uns seit der letzten Renovierung im Sommer 1983. Im Zuge der Arbeiten wurde unter anderem die bemalte Balkendecke freigelegt, sie wurde nur durch einen Zufall entdeckt, weil man ein paar alte Bretter zum Ausfüttern des Emporenbodens brauchte. Links des Mittelganges fällt unser Blick auf eine in die Wand eingelassene steinerne Grabplatte. Auf ihr ist eine junge Frau in vornehmer Kleidung mit einem Wickelkind in den Armen dargestellt. Soweit die Inschrift noch entziffert werden kann, ist folgendes zu lesen: „Anno 1678 den 8. Mai ist die Hochedelgeborene Frau Catharina Kunigunda Borckin ….. im Herrn selig eingeschlafen und auf ihr begehren in dieser Kirche begraben worden.“ Aus dem Sterberegister von 1678 geht hervor, dass die junge Frau im Alter von 27 Jahren starb, nachdem an ihr eine Art Kaiserschnitt vorgenommen worden war. Auch das Kind konnte nicht gerettet werden.

 

Rechts von der Grabplatte hängt ein Abendmahlsgemälde aus dem Jahre 1817. Das Bemerkenswerte an diesem Bild ist der Umstand, dass die Geistlichen bei der Austeilung des Abendmahles weiße Chorhemden tragen. Dazu muss man wissen, dass die Markgrafschaft Ansbach-Bayreuth mit allen ihren Besitzungen, darunter auch Ohrenbach, 1798 an Preußen verkauft wurde. Das calvinistisch geprägte preußische Königshaus hatte jedoch keinerlei Sinn und Ver- ständnis für lutherische Kirchengebräuche. Mit der ehemaligen Markgrafschaft Ansbach-Bayreuth kam jedoch ein durch und durch lutherisches Gebiet an Preußen. Die neuen calvinistischen Machthaber setzten nun zum Teil mit Ge- walt durch, dass die Altäre, Kerzen und Kruzifixe sowie die weißen Chorhemden entfernt wurden. Der Schluss liegt nahe, dass die wackeren Ohrenbacher mit diesem Bild, ihrem Protest gegen das Vorgehen der preußischen Obrigkeit, Ausdruck verleihen wollten.

 

Wenn wir nun den Mittelgang entlang auf den Altar zugehen, dann kommen wir zunächst zum hölzernen Taufstein. Er wurde mitsamt dem Taufsteindeckel und dem Hochaltar von einem unmöglichen Anstrich befreit und restauriert, das gleiche gilt für die Kanzel aus dem Jahr 1844. Der Unterbau des Altares sowie die Altarplatte selbst stammen aus dem 16. Jahrhundert. Auf der Empore, der Kanzel gegenüber, steht die Orgel aus dem Jahr 1802 in ihrem klassizistischen Prospekt. Werfen wir zuletzt noch einen abschließenden Blick in den Chorraum. Im runden Schlussstein des Kreuzgewölbes sehen wir das von einem Lorbeerkranz umrahmte Wappen der Reichsstadt Rothenburg. An der Decke des Gewölbes sind die vier Evangelisten, im Feld rechts vom Altar die Durchlässe für die Glockenseile zu sehen.

 

Eine Besonderheit gäbe es da noch über die Ohrenbacher Kirche zu berichten: Der Ohrenbacher Abendmahlskelch. Seine Entstehung fällt in die Zeit zwischen 1380 und 1400 und gehört zu den kostbarsten Goldschmiedearbeiten der Region. Der Kelch ist eine Stiftung der Rothenburger Patrizierfamilie Creglinger an das dortige Franziskanerkloster. Nach der Aufhebung des Klosters gelangte er 1544 in die Pfarrei Ohrenbach. Der Kelch ist aus Silber gefertigt und vergoldet, er zeigt eine Darstellung der Stigmatisierung des heiligen Franziskus und das Wappen der Familie Creglinger.

 

Vieles hat sich seit der Grundsteinlegung im 12. Jahrhundert in und um die Johanniskirche herum verändert, die Bestimmung des Gebäudes blieb die gleiche. Es ist ein Gotteshaus - Raum für Gebet und Gesang, Ort der Stille und des Hörens auf Gottes Wort. Die dicken Kirchenmauern geben ein Gefühl von Schutz und Geborgenheit, die massiven Türen scheinen die Welt dort draußen mit ihrer Hektik und Schnelllebigkeit auszusperren.

 

Verfasser: Markus Mittmann (Habelsee)